An diesem Morgen standen wir etwas eher auf... es waren noch ein paar Kilometer bis zum Parkplatz vom weltbekannten Hobbiton Filmset. Jetzt waren wir ja schon einige Male auf den Spuren des Filmes "Der Herr der Ringe" unterwegs, seitdem wir in Neuseeland waren... aber bisher gab es bis auf die Natur, keine Spuren des Filmdrehs... Nun würden wir in eine echte Filmkulisse kommen! Wie gut, dass Kai wenigsten den Beginn des Filmes gesehen hatte! So war selbst er etwas neugierig auf das, was da kam. Vom Parkplatz aus fuhren uns Busse durch die grüne Hügellandschaft direkt hinein in eine kleine Märchenwelt: Das Auenland! So also lebten die kleinen Hobbits (Wesen aus Tolkiens Romanen... Gemütliche kleine Menschen mit haarigen Füßen, die unliebsamen Überraschungen lieber aus dem Weg gehen.) Die Hobbits leben unter der Erde, jedoch nicht in einem ungemütlichen Loch, sondern in kleinen trockenen Behausungen mit einer Tür. Das Besondere an diesem Filmset war die Detailverliebtheit: Der Garten mit dem Gemüse, die Wäscheleinen, jede Hobbithöhle hatte ihren ganz eigenen Charme... ob es ein Kürbis vor der Tür, getrocknete Fische, Holzscheite oder Bierkrüge im Fenster waren... oder die Schnitzereien an den Fensterrahmen... alles war individuell und man wartete nur darauf, dass einem kleine Hobbits entgegenkamen und geschäftig ihren Tagesaufgaben nachgingen. Das Spannende war tatsächlich das Spiel mit der Perspektive... so gab es Hobbithöhlen in Echtgröße, wogegen wir Menschen aussahen wie Riesen und große Hobbithöhlen, damit die Schauspieler natürlich auch vor diesen Hobbithöhlen "passend" aussehen. Damit war die Größentäuschung perfekt.... und auch wir konnten hin und wieder "kleiner Hobbit" oder "großer Mensch" sein. :)
Unsere Gruppe von ca. 12-15 Menschen wurde von einer Touristenführerin durch das Gelände geführt mit vielen interessanten Informationen. Dabei herrschte jedoch offensichtlich ein kleiner Zeitdruck... Die Führungen waren gut durchgetaktet und unser Guide hatte einiges zu tun, uns in der geplanten Zeit da durch zu boxen. Wir folgten einer Gruppe und hinter uns warteten schon die Nächsten. Somit hatte man zwar einen guten Informationszuwachs, aber auch nur wenig Zeit auf die vielen kleinen Details zu achten. Wir näherten uns der am Höchsten gelegenen Hobbithöhle: Bilbo Beutlins Höhle unterhalb der alten Eiche. Dieser Baum war komplett künstlich gebaut... damit sich die Blätter dennoch täuschend echt im Wind bewegen können, waren sie aus Stoff gefertigt und Blatt für Blatt am Baum befestigt. Er sah wirklich echt aus... Verrückt, was hier auf die Beine gestellt wurde, um nur ein paar Minuten Film zu drehen. Bevor hier das Filmset für die Filme entstand, war dieser Ort eine Schafs- und Rinderweidefläche von 1250 Hektar. 1999 begann hier der Bau von 39 Hobbithöhlen und ihren Gärten, inklusive Festwiese, Mühle und dem Restaurant "Grüner Drachen". Nachdem die Arbeiten für die Filmtrilogie Herr der Ringe abgeschlossen waren, wurde es komplett wieder abgebaut. Erst 2009 wurde alles wieder erneut gebaut für die Filmtrilogie "Der Hobbit" und man entschied sich erst dann dazu, die Filmkulisse für Touristenzwecke begehbar zu machen und die Magie des Auenlandes am Leben zu erhalten. Von Beutelsend, Bilbo Beutlins Zuhause, schauten wir hinab ins Tal...
Unser Weg führte uns schließlich zurück ins Tal... direkt in Richtung des "Green Dragon", dem Gasthof von Hobitton und Endpunkt der Führung. Unterwegs kamen wir an der Wassermühle vorbei... und wir wurden Zeuge davon, dass auch Hochzeiten hier gefeiert wurden... Fröhlich sahen wir beim Fotoshooting in Weiß der Frischvermählten eine Weile zu, bevor uns unsere Füße hinein in die gemütliche Stube führten. Ein Butterbier gratis war uns versprochen... Jippieh!
Nachdem die Sonne mittlerweile verschwunden war, war es etwas kühl geworden und wir freuten uns, uns im Gasthof etwas aufwärmen zu können. Tatsächlich war es gemütlich warm: Grund dafür war ein Feuerchen im Kamin. Und wir waren nicht die Einzigen, die das genossen: Ein großer Kater hatte es sich im einzigen Sessel gemütlich gemacht! Zuerst gingen wir davon aus, dass auch das zur Kulisse und somit Attrappe war... umso fröhlicher waren wir, als das Tier echt war und laut zu schnurren begann, als wir es liebkosten! Wir genossen unser Bier und Ginger-Bier bevor unser Guide uns wieder zusammentrommelte. Auf der anderen Seite des Sees ging es zurück zum Gemüsegarten... wir genossen noch ein letztes Mal diese idyllische Märchenlandschaft, bevor uns der Bus zurück zum Parkplatz und zu unserem Ole brachte. Mittlerweile war das Wetter ordentlich zugezogen und dicke Regenwolken hingen am Himmel! Was hatten wir doch für ein Glück! Denn nur mit der Sonne ließen sich soooo schöne Fotos schießen! :)
Zurück auf dem Parkplatz überlegten wir, wie wir unsere Reise fortsetzen könnten... aber erstmal mussten wir nach den vielen Nächten auf kostenlosen Campingplätzen mal wieder eine Dusche suchen. Also fuhren wir in das Schwimmbad nach Matamata. Bereits auf dem Weg fing es langsam an, zu tröpfeln und bald hatte es sich richtig doll eingeregnet. Frisch und wie neugeboren statteten wir dem Touristenzentrum einen Besuch ab. Eigentlich hatten wir noch einen großen Punkt auf unserer To-Do-Liste: Das Tongariro Crossing! Angeblich ein Must-Do für jeden Neuseelandbesucher... Wieviele der anderen Backpacker, die wir auf unseren Reisen getroffen hatten, hatten uns bereits mal mit mehr, mal mit weniger Begeisterung davon erzählt. Aber alle waren zumindest beeindruckt gewesen. Manchem war es zu anstrengend, mancher hatte graues Nebelwetter, mancher fand es zu überlaufen... eigentlich wollten wir uns ein eigenes Bild davon machen... Aber was hier an Regen runterkam, war im hochalpinen Klima vermutlich Schneegestöber. Es war jetzt nunmal Winter... und wir hatten viele Sicherheitswarnungen gelesen. Deshalb wollten wir uns nun im Touristenzentrum ein eigenes Bild machen und Angebote einholen. Zu dieser Jahreszeit sollte und konnte man die Wanderung nur noch in Begleitung eines Guides machen, der über eine Eiswanderausrüstung verfügte. Dazu gehörten Eisäxte und Spikeschuhe, da man über pures Eis wandern würde. Wir überlegten hin und her. Irgendwie fühlte es sich so an, als würden wir eines der Highlight verpassen, wenn wir es nicht tun würden... also erfragten wir noch mehr Informationen. Uns entglitten jegliche Gesichtszüge, als wir den Preis für Wanderführung und Ausrüstung erfuhren: 200 NZD pro Person?! Für eine Wanderung, die unter normalen Wetterbedingungen kostenlos war?! Damit waren wir erstmal abgeschreckt. Schließlich suchten wir in Bildbänden Bilder der Vulkanlandschaft im Winter: Weiße Berge. Mehr nicht. Keine Vulkanlandschaft, keine türkisblauen und smaragdgrünen Bergseen... einfach nur weiße Schneeberge und -felder. Irgendwie war ich etwas enttäuscht und dachte an unsere Skifahrt, wo wir uns ebenfalls in weißer Winterberglandschaft befanden. Dafür 200 NZD... Nein danke! Nun war es Gewissheit: Für das Tongariro Crossing müssten wir wohl irgendwann nochmal in unseren Leben wiederkommen... Dieses Jahr würden wir es nicht mehr schaffen. Bereits Anfang September würde unser Flieger zurück nach Deutschland gehen, immer noch Winter in Neuseeland. Aber was machen wir mit dem Rest der Zeit? Da wir bei diesem Wetter kein so richtiges Ziel mehr hatten und ja auch unser Auto noch verkaufen müssten, überlegten wir erneut sesshaft zu werden. Ein Monat lohnte sich nochmal und wenn wir etwas Geld für unseren Rückweg über Thailand beiseite legen konnten, dann wäre das auch mehr als in Ordnung. Zurück im Auto schickten wir drei Bewerbungen los: Eine zu einer Kiwi-Plantage auf der Coromandel-Halbinsel, eine zu einem Weinberg in der Nähe von Auckland und eine zu einer Avocado Farm nach Northland. Mal sehen, wann und ob sich jemand bei uns melden würde. Da wir erstmal kein neues Ziel hatten, fuhren wir am frühen Abend nach Ngatea. Ngatea liegt etwas im Norden und war somit eine gute Ausgangslage für alle Orte, zu denen wir Bewerbungen geschickt hatten. Außerdem war es kostenlos und direkt hinter einer Bibliothek gelegen, was wiederum freies Internet zu jeder Zeit bedeutete. Allerdings war es alles andere als ein gemütliches Camp: Mitten in einer kleinen Stadt an einer Straße gelegen auf einem Asphaltparkplatz. Die sanitären Anlagen war ein heruntergekommenes Cityklo... immerhin mit Musik. ;) Als wir dort ankamen, setzte erneut Regen ein: Was für ein nasser, nasser Winter. Wer weiß, wie lange wir hier nun verweilen würden...
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