Wir schliefen so lange, wie wir lang schon nicht mehr morgens geschlafen hatten... Es war ein richtig fauler und sonnig herrlicher Montag, nachdem unser erster Montag gestern so früh, regnerisch und hektisch begonnen hatte. Von unserem Bett aus konnten wir direkt aus unserem Fenster in ein Palmendach schauen. Es war angenehm warm... kaum zu glauben, dass wir heute einfach aufstehen konnten... Kein Bibbern, kein Taschen umräumen, keine Gasflasche anmontieren... tatsächlich einfach aufstehen, kurze Klamotten überwerfen und ab zum Wasserkocher gehen! :) Ja, diese kleinen Freuden des Alltags ließen uns unseren ersten Urlaubstag gut gelaunt beginnen! Auch wenn wir noch sehr minimalistisch unterwegs waren: Frühstück musste heute ausfallen. Durch unsere Verspätung gestern, war es nicht mehr möglich hier irgendwo etwas einzukaufen und in unser kleines Handgepäck hatte bis auf ein paar Kekse kein Proviant herein gepasst. Wir müssen dringen einkaufen gehen, denn die Kekse waren tatsächlich gestern als Abendbrot schon ... naja... unzureichend! :) Aber vorerst genossen wir das warme Wetter bei Kaffee (sponsored by Hostel) und Keksresten im Garten!
Unser Reiseführer (den wir in einer neuseeländischen Bibliothek gekauft hatten) veriet uns schnell, dass der günstigste Ort zum Einkaufen wohl die Hauptstadt selbst sei. Da wir uns eh noch ein Moped für die nächsten Tage ausleihen wollten, konnten wir da gleich zwei Dinge verknüpfen!
Die 67 km² große pazifische Vulkaninsel Rarotonga besitzt eine kaum zugängliche, dichtbewaldete, zentrale Bergkette. Dementsprechend finden sich sämtliche Siedlungen und Straßen im äußeren Kreis dieser ovalen Insel. Um die Hauptstadt (2000 EW) zu erreichen, gibt es auf Rarotonga zwei Buslinien: Eine fährt mit dem Uhrzeigersinn und hat daher treffend den Namen: "Clockwise"; die Andere dagegen fährt gegen den Uhrzeigersinn und heißt dementsprechend "Anticlockwise". Haltestellen sind überall auf der Insel, wo man den Daumen raushält. Na das klang doch wunderbar unkompliziert! :) Es gab auch Richtzeiten, wann der Bus in Etwa wo auf der Insel halten würde... aber es waren eben auch nur Richtzeiten. Doch darüber machten wir uns keine Gedanken! Wir wollten zu erst das Meer sehen! Alles andere konnte warten! Das Wetter war so warm (und dabei nicht zu heiß), die Sonne schien und wir waren einfach nur neugierig auf Strand und Wasser!
Nach dem kurzen Strandspaziergang (zum Baden würden wir noch genug Zeit haben und ehrlich gesagt, war es durch den Wind schon fast etwas zu kühl) machten wir uns auf den Weg nach Avarua, der Inselhauptstadt Rarotongas. 11 Kilometer trennten uns auf der 31 km langen Küsten-Ringstraße von der Hauptstadt. Oder eben 20 Kilometer, wenn wir andersherum gehen würden... Das war doch schon mal perfekt: Verlaufen war hier wohl eher nicht drin! Wir schulterten unseren Rucksack und machten uns zu Fuß auf den Weg. Da jede Busfahrt einen Festpreis hatte, war es uns sogar egal, welche Buslinie uns zuerst begegnen würde: Ob wir von Osten oder Westen nach Avarua hineinfahren würden, kümmerte uns wenig. Und sollte es der längere Weg werden, dann hätten wir noch mehr Zeit, aus dem Fenster die Landschaft zu bestaunen.
10 Minuten liefen wir jetzt schon die Straße entlang. Hier mit dem Asphalt unter uns, etwas entfernt vom Küstenwind wurde uns schnell ziemlich heiß. Einer der vielen Inselhunde trottete neugierig hinter uns her. Vom Bus war weit und breit bisher keine Spur... Doch irgendwann würde schon einer vorbeikommen, immerhin verkehrten sie stündlich. Plötzlich hielt neben uns auf der anderen Straßenseite ein kleines rotes Auto und eine Frau winkte freundlich hinaus! "Wo wollt ihr hin? Avarua? Da kann ich euch etwas mitnehmen!" Da sagten wir natürlich nicht nein und stiegen freudig zu der älteren Dame ins Auto! Wie lieb von ihr! :) Unterwegs erzählte sie uns, dass sie, wann immer es ihr möglich war, Reisende, die die Straße entlang wanderten, für ein kurzes Stück Weges mitnahm. So erfahre sie viel über die Welt und sie tat es einfach gerne. Ihr Name war Rongo. Auf unsere Frage nach der Bedeutung ihres Namens lächelte sie: "Good news to hear". Sie wurde schon hier auf der Insel geboren und sei ihr groß geworden. Nachdem sie einen Großteil ihres Lebens in Neuseeland verbracht hatte, ist sie schließlich im Alter wieder zurück gekommen. Sie vermisste die Insel, die Bewohner, das Meer und den ruhigen Lebensrhythmus hier. Die letzten Jahre hat sie hier als Krankenschwester im Hospital in Avarua gearbeitet. Die Fahrt verging wie im Fluge... Unterwegs zeigte sie uns alles, was sie uns zeigen konnte: Die Straße zu ihrem Haus, ihre Kirche, das Medical Center..., wir hielten auch kurz beim Haus ihres Bruders, bevor sie uns schließlich direkt vor der Polizei in Avarua aussteigen ließ. Bevor sie losfuhr, erklärte sie uns noch, wie wir zum Supermarkt kommen würden, sobald wir bei der Polizei fertig wären... und weg war sie! :) Wir winkten unserer ersten Inselbekanntschaft fröhlich hinterher!
Wir hatten gelesen, dass das Moped-Ausleihen eine unkomplizierte Sache sei und dass das Moped das beste Fortbewegungsmittel auf der Insel ist..., hätten uns aber nicht träumen lassen, wie weit der Weg zur eigentlichen Ausleihe ist! Denn als erste Hürde stand uns der Erwerb eines inländischen Führerscheins bevor. Der Internationale Führerschein reicht hier nicht aus. Und auch die Neuseeländer kämen hier nicht weit... man braucht einen echten Führerschein, made in Cook Islands! Angeblich kann man den hier einfach gegen Vorlage des internationalen plus originalen Führerscheins kaufen. Bei Kai gab es auch keine Probleme: Führerscheinkontrolle, Geld hin, Foto gemacht und zack hatte er seine Fahrerlaubnis in der Hand. Wir beide waren etwas irritiert, als ich irgendwie einen anderen Bogen in die Hand bekam und nicht zur Fotosession zugelassen wurde. Moment... das sah doch aus, wie ein Fragebogen! Moment, wo lag der Unterschied? Ganz einfach: Kais Führerschein berechtigt ihn, auch Fahrzeuge der Klasse A1 zu fahren... Motorräder. Für alle, die wie ich, nur den normalen Führerschein besitzen, stand also ein Test an... Ich sollte zurück in die Fahrschule für extra 20 Dollar?! Na großartig. So war das nicht geplant gewesen! Und als wäre ein theoretischer Test nicht genug gewesen. Nach dem bestandenem Theorieteil mussten alle Fahrschüler noch einen praktischen Test bestehen. Holla! Also unkompliziert war anders. Mein Herz schlug bei dem Gedanken an die Prüfungssituationen, die mir da bevorstanden. Nach kurzen Gesprächen mit anderen Touristen merkten wir schnell, dass wir nicht die Einzigen waren, die von dieser Situation überrumpelt waren. Die meisten anderen hatten auch nichts davon gewusst. Nach einer Wartezeit von 20 Minuten auf dem Revier führte ein Polizist uns Fahrschüler in einen extra Raum. Ich verabschiedete mich mit klebrigen Händen von Kai und folgte dem Rest. Zu unseren Antwortbögen teilte der Polizist verschiedene Fragebögen aus... Mist, es gab auch noch verschiedene Gruppen! Wir warteten bis jeder einen Stift hatte... Der Polizist schaute in die Runde: "Keine Sorge! Sie haben alle einen Führerschein, der Test ist ganz leicht und es gelten die selben Regeln wie in Neuseeland und Australien! Sie sollten damit also vertraut sein!" Ich konnte mir ein kleines Schnaufen nicht verkneifen und hatte damit ungewollt seine volle Aufmerksamkeit. "Oh, Sie sind wohl nicht aus Neuseeland? Wo kommen Sie denn her?" "Deutschland." "Ah... Haben Sie da die gleichen Verkehrsregeln?" Na der war lustig! "Ähm... naja... wir fahren auf der anderen Seite... haben dreispurige Autobahnen und keine One-Lane-Bridges... andere Tempolimits... joah... der Rest wird wohl ähnlich sein... ich hab zu Hause ja auch ein Moped.", druckste ich verlegen rum. "Zeigen Sie mal ihren deutschen Führerschein!" Ich gab dem Polizisten meinen Führerschein. Ihm sprang die Klasse M (die ja jeder mit Klasse B fahren darf) ins Auge, aber die konnte er vergeblich auf dem internationalen Schein suchen. Dafür gab es wohl keine adäquate Übersetzung. "Sie können anfangen.", wandte er sich an die Gruppe. Ich nahm meinen Stift... "Sie nicht! Warten Sie kurz.", damit stand er auf und verließ den Raum. Es herrschte eine geschäftige Stille... ich blätterte etwas in den Fragen herum. Ok gut, die Tempolimits der Insel hatte ich mir ja noch schnell vorher angesehen... aber ansonsten war ich etwas erschreckt: Wo klebt man das WOF-Siegel an die Windschutzscheibe? Jaaaahh... äh... selbst wenn ich das geschrieben hätte, was ich aus Neuseeland kannte, wäre es falsch gewesen, weil sie es auf den Cook-Inseln genau andersrum machen. Ansonsten nur offene Fragen... auch solche Fragen, wo ich nicht genau wusste, was genau sie hören wollten: Ab wann schaltet man das Licht an? Wie läuft ein Überholvorgang richtig ab? Vermutlich hätte ich bei jeder Frage weit ausgeholt und nicht gewusst, was hier die Kernantworten wären. Verflixt, das hatte ich mir deutlich leichter vorgestellt! Aber glücklicherweise wurde ich schon bald von dem Spug erlöst. Der nette Polizist lächelte mir zu, gab mir meinen Führerschein wieder und sagte, er hätte das alles geklärt und ich könnte mir nun meinen Führerschein abholen. Die Frauen hinter dem Thresen sahen mürrisch drein, drehten und wendeten den deutschen Führerschein, warfen ihn schließlich resignierend auf den Schreibtisch. Es war eindeutig: Ging es nach ihnen, würden sie mir hier keinen Führerschein rausgeben. Aber das Wort des Polizisten schien mehr zu wiegen und so fiel es mir etwas schwer nach der ganzen Aufregung und mit den zwei grummligen Polizeiangestellten vor mir in die Kamera zu lächeln. Schnell schnappte ich mir meine Karte und verließ die Polizeistation bevor sich das noch irgendwer anders überlegen würde! Manchmal muss man eben auch einfach Glück haben! :)
Der Rest des Tages war glücklicherweise weniger aufregend für uns. Ab jetzt war das Ausleihen eines Mopeds wirklich ein Klacks... auch wenn wir schnell merkten, dass die Ausleihstation direkt neben der Polizeistation nicht der beste Anlaufpunkt für uns war. Inzwischen waren nämlich auch alle Führerscheinanwärter, die die Theorie bestanden hatte hier aufgetaucht und standen mit ihrem Nachweis der erfolgreichen Theorieprüfung vor uns in der Schlange. Da mussten sie doch tatsächlich eine ordentliche Gebühr zahlen, um sich ein Moped extra für die praktische Prüfung (ein ziemlich eng aufgebauter Slalom-Parkour aus Hütchen) auszuleihen?! Also wirklich! Nach einer gefühlten Ewigkeit waren wir an der Reihe... und hatten kurze Zeit später unser neues Gefährt! Ab jetzt waren wir unabhängig vom Bus! :)
Beim Einkaufen staunten wir nochmal kurz über die hohen Preise. Aber klar: Wir waren auf einer Insel... die Lebensmittel mussten ja irgendwo herkommen und ein extra Schifftransport ließ den Preis natürlich nicht unangetastet. Wir hatten Glück, dass gerade heute eine neue Ladung angekommen war und wir uns so mit allerhand frischem Gemüse eindecken konnten.
Zurück im Hotel erholten wir uns kurz von den Aufregungen in den Hängematten... bevor wir uns nochmal auf einen ausgiebigen Strandspaziergang begaben. Was für ein wunderschöner Ort!
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